Valentin Blank, November 1999

Schriftschutz

Schutz typographischer Schriftzeichen und Schriften im Schweizer Recht

Vorbemerkung

Bei dem nachfolgenden Text handelt es sich um eine blosse Inhaltsübersicht. Die Vollversion (116 Seiten) mit sämtlichen Quellenangaben, Verweisen und weiterführenden Hinweisen kann hier als pdf-Dokument heruntergeladen werden: Schriftschutz (618 KB)

Einleitung

Schriften und Schriftzeichen sind seit Jahrtausenden in Verwendung, ermöglichen sie doch unsere schriftliche Verständigung. Neben den rein funktionalen Aspekten einer Schrift besteht Raum für ästhetische Gestaltung. Der Schrift eignet ein unterschiedlich ausgeprägter, individueller Charakter. Die vorliegende Arbeit klärt die rechtlichen Schutzmöglichkeiten der Schrift, als ein unbestrittenermassen schutzwürdiges Werk, ab und dringt damit in ein Gebiet vor, welchem das Recht bislang die Aufmerksamkeit weitgehend versagte.

Definition

In Anlehnung an das Wiener Abkommen über den Schutz typographischer Schriftzeichen und ihre internationale Hinterlegung sind Schriftzeichen Sätze der Muster von Buchstaben mit ihrem Zubehör wie Akzenten und Satzzeichen, Ziffern und anderen figürlichen Zeichen wie konventionellen Zeichen, Symbolen und wissenschaftlichen Zeichen, Ornamenten wie Einfassungen, Fleurons und Vignetten.

Urheberrecht am Schriftentwurf

Im Blickwinkel des Urheberrechts müssen im Fall der Schrift zwei verschiedene Schutzobjekte unterschieden werden: einerseits die Schrift als gestaltetes Werk und anderseits ihr Träger, nämlich die Datei. Die Schrift als Gestaltung trifft das besondere Problem der Wandelbarkeit ihrer jeweiligen Zusammensetzung. Sie ist also kein starres Werk wie ein Gemälde oder eine Fotografie, sondern ein bewegliches. Soll die Schrift als Ganzes Schutz erfahren, muss ihr individueller Charakter also übergreifend verstanden werden und in der jeweiligen Komposition vorhanden sein. Max Kummer, der selbst zwar der Druckschrift die Werkqualität abspricht, hat den Begriff der kombinierten Individualität geprägt. Als Beispiel dient ihm ein Wandelbild, das bei Verschiebung seiner Elemente immer denselben Charakter aufweist. Mit einer ausführlichen Argumentation beansprucht die vorliegende Arbeit diesen Begriff auch für das Werk der Schrift. Dabei sind insbesondere zwei Einflussphären auseinanderzuhalten: die des Schriftentwerfers auf die Schriftzeichen selbst und die der Schriftsetzerin auf die Anordnung und Handhabung der Schriftzeichen. Im Sinne der kombinierten Individualität ist die Schrift ein Sortiment von Elementen mit Bruchteilsindividualität, die ab einer gewissen Zahl — ein Satz genügt —, den immer gleichen individuellen Charakter offenbaren.

Im Gegensatz zur herrschenden Lehre, die auf die spezifischen Probleme der Schützbarkeit der Schrift zumeist nicht weiter eingeht, wird hier der urheberrechtliche Schutz von Druckschriften bejaht. Nebenbei sei erwähnt, dass bei Phantasieschriften durchaus auch einzelne Zeichen schützbar sein können. Bei Druckschriften ist das aber kaum je der Fall, weshalb hier eine kombinierte Betrachtung anzustreben ist. Dies entspricht letztlich auch dem vorgesehenen Verwendungszweck der Druckschrift.

Urheberrecht an der Schriftdatei

Der urheberrechtliche Schutz der Schriftdatei ist schon deshalb zu prüfen, weil er aufgrund der angesprochenen Probleme eine interessante Ergänzung darstellt. Die Arbeit untersucht anhand der dort zitierten WIPO-Definition des Computerprogramms, ob auch die Schriftdatei als Programm im Sinne des Urheberrechts gelten kann. Prägendes Merkmal der Programmdefinition ist der Befehl. Dieser kommt sowohl in Type-1-, OpenType- wie auch in TrueType-Dateien als den gängigsten Formaten vor. Die Individualität eines Computerprogramms kann in der Grob-, ebenso wie in der Feinstruktur des Programms zutage treten. Die Arbeit zeigt, dass die Schriftdatei in der Feinstruktur individuellen Charakter aufweist. Die Tatsache, dass solche Dateien stets mit Tools programmiert werden, ändert daran nichts. Der erforderliche Programmcharakter von Schriftdateien bleibt aber fraglich. Ein Entscheid steht aus.

Designrecht

Hier wie schon im Urheberrecht stellt sich die Frage, ob neben den einzelnen Schriftzeichen nicht auch die Schrift als Ganzes als ein Muster verstanden werden könnte. Die einzelnen Schriftzeichen als Muster zu hinterlegen ist zwar unproblematisch, gewährt aber nur einen beschränkten Schutz, da die Zeichenzwischenräume vom Schriftentwerfer ebenso gestaltet und bedacht werden, wie die Zeichen selbst. Unter Bezugnahme auf einen Entscheid des Deutschen Bundesgerichtshofs stellt die Arbeit mittels ausführlicher Argumentation fest, dass eine Schrift als ein sogenanntes Kombinationsprogramm verstanden werden kann. Bislang wurde dieser Begriff nocht nicht mit Schriften assoziiert. Seine Anwendung verspricht aber im Bereich des Designrechts einen idealen Schutz der Schrift. Allerdings ist dieser Schutz im Gegensatz zum Urheberrecht nicht kostenlos, sondern mit Hinterlegungsgebühren verbunden. Der Designschutz steht im einem kumulativen Verhältnis zum Urheberrecht, weshalb die Hinterlegung von Schriften und Schriftzeichen empfehlenswert ist.

Lauterkeitsrecht

Bezwecken die bisher genannten Rechtsgebiete den Schutz einer bestimmten Leistung, verfolgt das Lauterkeitsrecht, wie schon der Name erahnen lässt, ein ganz anderes Ziel: den lauteren und unverfälschten Wettbewerb. Da gewisse Vorgehensweisen bei der Erstellung von Schriftplagiaten auch einen Verstoss gegen den lauteren Wettbewerb darstellen können, ist durch das Lauterkeitsrecht ein indirekter Schutz denkbar. Die Arbeit zeigt auf, dass vor allem die Bestimmungen über den Schutz fremder Arbeitsergebnisse sowie über die Schaffung einer Verwechslungsgefahr für bestimmte Fälle konkreten Schutz bieten können. Die Voraussetzungen sind aber in jedem Fall genau zu prüfen. Das Lauterkeits- und das Immaterialgüterrecht verfolgen unterschiedliche Zwecke. Dennoch üben die Gerichte gemeinhin Zurückhaltung, wenn es darum geht, in der Verletzung geistigen Eigentums gleichzeitig ein unlauteres Verhalten zu erkennen. Die Arbeit plädiert hier für eine getrennte und unabhängige Betrachtungsweise.